Mit Professor Richard Dawkins erstem Auftritt als Romanfigur
Ein utopischer Roman auf 500 Seiten
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Thü, was war die Motivation, diesen Roman zu schreiben?
Miterleben zu müssen, wie sich unsere Gesellschaft weiterhin fast ungebremst auf den Abgrund einer Klimakatastrophe zu bewegt, das macht mir schon seit Jahrzehnten zu schaffen. Damals wurde man noch ausgelacht, wenn man von alternativer Energie sprach. Heute weiss man es zwar besser, dennoch hat sich erstaunlich wenig geändert. Wirtschaft und Profit haben immer noch Vorrang vor einer lebenswerten Zukunft für unsere Nachkommen. Der Roman entstand sozusagen aus Frust über diese Situation, die ich alleine nicht würde ändern können. Also habe ich mir überlegt: Was wäre notwendig für einen raschen Wandel? Man müsste den politischen Kampf gegen Windmühlen einfach umgehen können. Welche Fähigkeit müsste ein Mensch haben, um das fertig bringen zu können? Dazu bräuchte es tatsächlich eine Superkraft.
Und welche Superkraft wäre dazu nötig?
Nun, Fliegen zu können würde da wohl wenig nützen. Oder übermenschliche Muskelkraft. Das würde zu nichts Konstruktivem führen. Jedenfalls entwickelte sich daraus ein Gedankenexperiment, das mit einem jungen Mann beginnt, der plötzlich eine ungewöhnliche Fähigkeit an sich entdeckt. Aber dazu will ich jetzt an dieser Stelle noch nicht zu viel verraten.
Sind Superhelden-Geschichten nicht inzwischen etwas abgegriffen?
Sie denken dabei bestimmt an die actionreichen Inszenierungen, die wir von Hollywood serviert bekommen; Kämpfe gegen Superschurken und einfältige Plots, bei denen es nur darum geht, möglichst viel Gewalt und Spezialeffekte unterzubringen. Selbst meine Kinder finden das inzwischen oberflächlich. Mich interessieren mehr die Interaktionen, Hindernisse oder Vorteile, die ein Superheld im Alltag erlebt, im Umgang mit normalen Menschen und real existierenden Problemen.
Also ist es ein Jugendbuch?
Während des Schreibens hatte ich ältere Teenager im Sinn – vielleicht auch mich selbst, als ich in dem Alter war und mir erstmals Sorgen machte um die Umwelt. Mir scheint, dass heute viele durch die Ablenkungen der virtuellen Welt kaum noch Zeit finden, sich für Tiefergehendes zu interessieren. In meinem Buch geht es um den Zustand der Welt, und Philosophie spielt eine wichtige Rolle bei der Suche nach Lösungen. Ich benutze das spannende Superhelden-Abenteuer als Vehikel, um die Leser an Themen wie Humanismus, Weltpolitik und Klimawandel heranzuführen. Mit dem neuen Bewusstsein, das in den letzten Monaten dank Greta Thunberg aufgekommen ist, würde ich nun im Nachhinein sagen, es passt perfekt zur jungen Klimabewegung.
'Philosophie' klingt aber für Jugendliche nicht so spannend.
Das Abenteuer macht den Hauptteil des Buches aus; wie der Protagonist seine Fähigkeit entdeckt und damit experimentiert, wie er alleine aber ziellos versucht, die Welt zu verbessern. Aber die Geschichte führt schliesslich an einen Punkt, an dem es unerlässlich wird, sich Gedanken zu machen über Ethik, Menschenrechte und die weltweite Gesellschaft, will man denn wirklich eine nachhaltig positive Veränderung herbeiführen. Hierzu war ich dankbar für den Input von Baroness Onora O‘Neill, die als Philosophin zwar Mitglied der 'Equality and Human Rights Commission' war, aber an der Charta der Menschenrechte noch so einiges zu verbessern weiss. Der Held diskutiert mit ihr und mit Richard Dawkins darüber, was man als Superheld tun soll oder darf. In bekannten Superhelden-Comics und -Filme spürt man zwar, dass solche Gedanken notwendig wären, doch Raum lässt man ihnen nicht. Fans diskutieren darüber dennoch oft leidenschaftlich.
Professor Richard Dawkins ist ja als Evolutionsbiologe und Atheist weltbekannt. Welche Rolle spielt er im Buch?
Der Professor steht dem Helden ebenfalls als Berater zur Seite und natürlich kommt dabei seine religionskritische Haltung zum Tragen. Es ist jedoch falsch, ihn als Atheisten zu bezeichnen. Als logisch denkender Mensch ist er Agnostiker, genau wie ich auch. Anders als bei Onora O‘Neill, die im Buch einen anderen Namen trägt, erhielt ich von Dawkins jedoch die Erlaubnis, seinen Namen zu verwenden. Ich sagte ihm, dass ich versuchen möchte, ihn und seine Anliegen einem Publikum vorzustellen, das normalerweise nicht zu seinen Büchern greifen würde – indem ich das Ganze im Unterhaltungsbereich ansiedle. Da er selbst gerade dabei war, eines seiner Fachbücher für ein jüngeres Publikum aufzubereiten, war er davon begeistert. Zudem überraschte ihn die Idee, eine reale, bekannte Person in einen Roman zu versetzen, zunächst so sehr, dass er dachte, das habe es so noch nie gegeben. Es ist jedenfalls das erste Mal, dass Dawkins als literarische Figur in einem Roman auftaucht. Wir trafen uns dann in Oxford in seiner Wohnung und gingen gemeinsam die Dialoge durch.
Agnostiker, also Religion, und Umweltschutz – wo ist da der Zusammenhang?
Ich bin grundsätzlich Freidenker und Humanist, lasse mich also nicht durch Ideologien und Dogmas einschränken bei meinen Überlegungen. Die organisierte Religion ist eine Gefahr für die Menschenrechte, für individuelle Freiheit, gerade im Glauben. Und auch politisch braucht es Freidenker und Humanisten, um unsere Probleme zu lösen; Leute für die das Wohl aller am wichtigsten ist – wobei unsere Umwelt natürlich an erster Stelle steht. Es existiert aber leider auch ein direkterer Zusammenhang zwischen Religion (den Konservativen) und Mensch und Umwelt (die politische Agenda der Konservativen gegen Umweltmassnahmen, Sozialstaat und individuelle Freiheit, ja sogar gegen Bildung wie Sexualkunde oder Evolutionstheorie).
Wie sieht denn nun die Lösung der Klimakrise aus? Und was haben Philosophie und Menschenrechte damit zu tun?
Unsere Welt wird vom Opportunismus gelenkt. Im jetzigen Zustand ist sie nichts weiter als ein Laden, in dem sich jeder frei bedient, der entsprechend Macht und Gelegenheit hat – oft in Abwesenheit von Moral und Recht. Der Mensch ist von Natur aus habgierig und unser extremkapitalistisches System fördert diese Neigung. Jeder der kann, holt für sich so viele Vorteile heraus wie möglich. Es scheint geradezu ein Luxus, über solchen Verlockungen stehen zu können. Trump, Maduro, Putin, Jinping usw. – wer weiss schon, ob er sich weniger egoistisch verhalten würde an ihrer Stelle. Macht korrumpiert. Damit hat auch mein Protagonist zu kämpfen. Eine Lösung wäre ein System, in dem Habgier und Opportunismus überflüssig ist. Philosophische Überlegungen im Rahmen einer solchen fiktiven Geschichte können zeigen, was notwendig wäre für eine bessere Gesellschaft und wie Mensch, Politik, Wirtschaft, Religion und überhaupt alles damit zusammenhängen.
Aber als fiktiver Roman hat das doch keine Relevanz für die reale Welt.
Das würde ich so nicht sagen. Science Fiction hat schon oft gezeigt, dass sie Potenzial hat, unsere Welt mitzugestalten. Denken Sie nur an Isaac Asimov, der den Umgang mit Robotern vorweggenommen und Gesetze für sie entworfen hat, "1984" von Eric Arthur Blair, dessen Warnung vor dem Überwachungsstaat heute aktueller ist denn je zuvor, oder die gesellschaftlichen Ansichten und technischen Ideen von Gene Roddenberry, die Forscher bis heute inspirieren.
Diese Geschichte spielt in England. Weshalb nicht in der Schweiz?
Ja, hauptsächlich in London. Ich war schon vertraut mit der Stadt, seitdem ich eine Hörspiel-Serie geschrieben habe, die in Hackney spielt. London erwies sich auch diesmal einfach als passend, die Geschichte wuchs ganz natürlich in die Umgebung hinein. Und es war schon zu Beginn des Projekts bald klar, dass ich Dawkins in die Handlung einbauen würde. Logisch also, dass Oxford für den Helden gut erreichbar sein sollte. Ausserdem, genau wie der Leser sich gerne an andere Orte, fern seines Alltags, entführen lässt, ist das auch für mich als Schreiber interessanter.
Seit wann arbeiten Sie an dem Buch?
Erste Ideen skizzierte ich Anfang 2018. Aber die Grundidee – der einsame, diskrete Superheld, der Weltpolitik macht und sich ausschließlich unter normalen Menschen bewegt – geistert schon seit Jahren in meinem Kopf herum.
Politisch hat sich wieder viel verändert. Hatte das Einfluss auf das Buch?
Mit einigen Handlungssträngen bin ich fast schon zu nah an der Wirklichkeit. Da kann es passieren, dass die Realität meine Story bald einmal einholt – was ja eigentlich wünschenswert wäre. Trump ist bei mir schon im Gefängnis. Der Brexit abgeblasen. Frankreich und die USA werden von Frauen regiert. Der Schutz des Klimas ist das wichtigste Thema und die Bevölkerung demonstriert weltweit, genau wie es jetzt mit der neuen Klimabewegung geschieht.
Und schliesslich: Wo ist das Buch erhältlich?
Die Bezugsquellen für Taschenbuch und eBook sind unter www.cogento.org zu finden.
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